Urteile zur Mitbestimmung

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Erstattung von Anwaltskosten durch den Arbeitgeber

Erscheint eine beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht von vornherein als offensichtlich aussichtslos, muss der Arbeitgeber für die Kosten des Anwalts des Betriebsrats aufkommen. Bestehen Erfolgsaussichten, führt auch eine spätere Antragsrücknahme nicht zum Wegfall des Honoraranspruchs.

In dem Verfahren ging es um die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren nach § 40 BetrVG seitens des Arbeitgebers. Die Arbeitgeberin hatte im Oktober 2009 die Ersetzung der Zustimmung des
Betriebsrats zur Versetzung des Betriebsobmanns von Frankfurt am Main nach Ratingen beantragt.

Am 17. November 2009 hatte ihn sein Vorgesetzter angewiesen, an jeweils zwei Tagen in der Woche in Ratingen anwesend zu sein, um eine effizientere Zusammenarbeit mit den Kollegen an diesem Standort zu gewährleisten. Hiergegen wandte sich der Betriebsobmann - unterstützt vom Betriebsrat - mit seiner am 24. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen einstweiligen Verfügung; das Arbeitsgericht lehnte den Antrag ab. Kurz vor dem Verhandlungstermin in zweiter Instanz hatte der Betriebsobmann seine Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgezogen.

Mit dem vorliegenden Beschlussverfahren begehrte der antragstellende Rechtsanwalt die Erstattung der in zweiter Instanz angefallenen Rechtsanwaltsgebühren, deren Begleichung die Arbeitgeberin verweigerte. Mit Beschluss vom 26. April 2010 hatte der Betriebsrat seinen Freistellungsanspruch in Höhe von 490,28 Euro an den Antragsteller abgetreten.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Nach § 40 BetrVG seien Rechtsanwaltsgebühren nur erstattungsfähig, soweit sie erforderlich sind. Dies sei nicht der Fall, wenn die Rechtsverfolgung von vornherein offensichtlich aussichtslos ist. Hier ergebe sich die Aussischtslosigkeit aus der eigenen Einschätzung des Obmanns, weil er seine Beschwerde ausdrücklich wegen Bedenken hinsichtlich des Verfügungsgrundes wieder zurückgenommen hatte. Soweit der Antragsteller vortrage, dass die Bedenken hinsichtlich des Verfügungsgrundes erst durch die Terminierung, konkret die zweimalige Terminsverlegung durch den Vorsitzenden, veranlasst waren, sei dem entgegenzuhalten, dass jedenfalls bei einem Dauertatbestand die bloße Terminierung noch kein Indiz für die rechtliche Einschätzung der Kammer zu begründen vermag.

Die Beschwerde gegen diesen Beschluss war in den meisten Punkten begründet: Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ergibt sich die Aussichtslosigkeit des Beschwerdeverfahrens nicht daraus, dass der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel zurückgenommen hat, weil er Bedenken wegen des Verfügungsgrundes hatte. Diese Bedenken bezogen sich darauf, dass er wegen der erfolgten Terminsverlegungen vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) nunmehr an der Eilbedürftigkeit zweifelte. Die Antragsrücknahme erfolgte gerade nicht deshalb, weil das Arbeitsgericht zu Recht das Vorliegen eines Verfügungsgrundes - an den es im Übrigen zu hohe Anforderungen gestellt hatte - verneint hätte.

Der Antragsteller hätte laut Hessischem LAG das durchaus Erfolg versprechende Verfahren besser fortgesetzt. In Bezug auf die Kostentragungspflicht sei das jedoch ohne Bedeutung, denn insoweit komme es allein darauf an, ob die Rechtsverfolgung von vornherein (hier also bezogen auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels) offensichtlich aussichtslos war. Das war nicht der Fall.

Ab Rechtshängigkeit (12.5.2010) war der zugesprochene Geldbetrag von der Arbeitgeberin zu verzinsen, §§ 288,291 BGB. Soweit der Antragsteller Verzugszinsen bereits seit 1.4.2010 geltend macht, ist der Antrag unbegründet; die Beschwerde wurde insoweit zurückgewiesen.


Quelle:

Hessisches LAG, Beschluss vom 27.06.2011
Aktenzeichen: 16 TaBV 65/11
Landesrechtsprechungsdatenbank Hessen


Quelle: arbeitsrecht.de - (mst)


Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 12.08.2011