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Positionspapier zur aktuellen Situation in den Integrationskursen

Entgegen anders lautender Presse- und Politikerverlautbarungen, die die erfolgreiche Umsetzung der Integrationskurse beschwören, sind die Auswirkungen der Integrationskursverordnung auf die nachhaltige Durchführbarkeit derselben katastrophal.

Dies liegt an den falsch und an der Realität vorbei kalkulierten Rahmenbedingungen, wie sie die Integrationskursverordnung vorsieht:

a) Die Veranschlagung von 600 anstatt, wie ursprünglich vorgesehen, 900 UE ist viel zu knapp bemessen, und führt, wie bereits Modellversuche des Goetheinstituts in Schleswig-Holstein gezeigt hatten, zu einem Scheitern von 80% der Kursteilnehmer, gemessen am Ziel, der Erreichung des Zertifikats - Mindestbedingung für eine nur halbwegs gelingende Integration in Beruf und Gesellschaft.

b) Die weitgehend unkontrollierte Zulassung neuer, oft unbewährter und unerfahrener Träger.

c) Die Finanzierung der Kursteilnehmer - anstatt wie vorher der Kurse - und dies zu einem Satz, dessen Höhe bereits sechs Monate nach in Kraft treten der Verordnung die Lage aller an der konkreten Umsetzung Beteiligten - Träger und Dozenten - auf unhaltbare Weise verschlechtert hat.

Folgende Faktoren und Auswirkungen wurden so in Kauf genommen oder ignoriert:

1. Die Kursstärke


Um einen Kurs einigermaßen kostendeckend durchzuführen wären nach o.g. Bedingungen mindestens 23 Teilnehmer pro Kurs vonnöten. Dies ist aus zweierlei Gründen nicht praktikabel:

1.1. In den seltenen Fällen, in denen diese Teilnehmerzahl überhaupt erreicht wird, zeigt die Erfahrung, dass bei einer solchen Größe pädagogisch nicht effektiv gearbeitet werden kann. Zum einen ist damit eine extreme Binnenheterogenität, bedingt durch unterschiedlichste Herkunftssprachen, Lernkulturen, Bildungshorizonte und Veranlagungen schon statistisch vorprogrammiert, zum anderen ist ein binnendifferenzierendes Arbeiten, wie es gerade dann dringend wäre, nicht mehr möglich. Tatsächlich ist die Zahl der Abbrecher in solchen Kursen in den ersten Wochen immens, und die Abbrecher selbst sind für weitere Integrationsbemühungen aus Frustration dann meist verloren. Ein Schrumpfen der Kurse auf durchschnittlich 12 Teilnehmer ist die Folge.

1.2. In Wirklichkeit werden Kursstärken von 23 TN meist von vornherein nicht erreicht. Die Schulen sind gezwungen mit sehr viel kleineren Klassenstärken zu beginnen.

Die Gründe:
  • Die tatsächlichen Einwanderungszahlen sind sehr viel niedriger ausgefallen als erwartet.
  • Das Angebot erreicht den größten Teil der hier lebenden Ausländer nicht.
  • Eine große Zahl neuzugelassener Träger hat zu einer Konkurrenz um immer weniger Berechtigte geführt - mit fatalen ökonomischen Konsequenzen.

2. Die Lasten

Auf Grund der ausschließlichen Finanzierung des Kurteilnehmers ergibt sich aus (1.), dass der Kursträger notwendigerweise extrem defizitär zu wirtschaften gezwungen ist. Selbst große Träger können sich dies nur kurzzeitig - dann mit Hilfe von Quersubventionierungen - leisten, und der einzige Einsparungsspielraum sind die Honorarsätze.

Die behördliche Fehlkalkulation wird somit auf dem Rücken der Lehrkräfte ausgetragen, die zwar die konkrete Arbeit leisten aber finanziell vorher schon im Bereich des gesetzlichen Existenzminimums und darunter entlohnt wurden.

Seit Einführung der Verordnung sind die Honorarsätze endgültig dem freien Fall ausgesetzt. Das bedeutet aber nicht einfach eine quantitative Verschlechterung der finanziellen Situation der Honorardozenten sondern einen Sprung hinunter in die soziale Verelendung.

Hatten die Honorardozenten bislang solche Kurse wesentlich durch einen niedrigen Lebensstandard, Verzicht auf eine gesicherte Altersvorsorge, selbstfinanzierte Weiterbildungen und nicht zuletzt mit über 10 Jahre Nullrunden etc. zum großen Teil mitsubventioniert, so erlauben die durchschnittlichen Honorarsätze von 18 ? und bedeutend weniger nicht einmal mehr ein Überleben. Und dies für ein akademisches Berufsbild, an das höchste Qualifikationsansprüche gestellt werden.

3. Die Folgen

Da die Lehrkräfte unter normalen Bedingungen nicht mehr von ihrer Arbeit leben können, müssten sie, wofür die Kapazitäten aber gar nicht da sind, 40 Stunden und mehr unterrichten (Vorbereitungszeit, Korrektur, usw. nicht mitgerechnet) oder sich mit zusätzlichen Nebenjobs über Wasser halten.

Dass dies - auch bei erfahrenen Lehrkräften - der Unterrichtsqualität nicht förderlich ist, liegt auf der Hand. Genauso wenig trägt die psychische Belastung eines ständigen Existenzkampfes dazu bei, längerfristig hier gute Arbeit leisten zu können.

Wie unter diesen Bedingungen noch die geforderte Weiterbildung finanziell und zeitlich möglich sein kann, ist ebenso wenig ersichtlich.

4. Fazit:

Erfahren die in der Integrationsverordnung festgelegten finanziellen Rahmenbedingungen nicht baldmöglichst erhebliche Korrekturen, steht der Erfolg des gesamten Integrationskonzeptes vor dem Aus, denn:
  1. 600 UE sind bei weitem zu wenig, sollen die viel teureren Folgekosten damit vorprogrammierter Langzeitarbeitslosigkeit und sozialer Desintegration vermieden werden.
  2. Die Kursstärke von 23 Teilnehmern ist praktisch und pädagogisch unrealistisch
  3. Der aktuelle Modus ruiniert eine langjährig bewährte und bislang erfolgreich arbeitende Trägerlandschaft und vernichtet so auf Dauer die Instrumente jeder erfolgreichen Gesellschaftspolitik.

Wir Honorardozenten können uns unsere Arbeit nicht mehr leisten. Wir fordern daher:
  1. Eine rückwirkende Festlegung eines Mindesthonorarsatzes auf die vom Sprachverband zugestandenen 23 ?, längerfristig jedoch auf ein Niveau, das dem vergleichbarer Berufe des öffentlichen Dienstes (bspw. Lehrer) entspricht.
  2. Die dafür erforderliche Modifizierung der Trägerfinanzierung
  3. 900 anstatt wie bisher 600 UE pro Kursteilnehmer
  4. Mitspracherecht der Träger und Dozenten bei den die konkrete Umsetzung der Integrationsarbeit betreffenden Entscheidungen



Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 08.08.2006