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Bericht über den Besuch von Aktion Butterbrot im Innenministerium in Berlin am 7.7.2006

Anwesende:
1. Inge Müller (Dozentin und GEW - Rheinland Pfalz/Meddersheim):
2. Uwe Meyeringh (Verdi - NRW)
3. Ernst Olbrich (Dozent, GEW und Aktion Butterbrot- Hessen/Frankfurt)
4. Stefanie Engel (Dozentin und Aktion Butterbrot – Berlin)
5. Kirsten Wagner (Dozentin und Aktion Butterbrot- Berlin)
6. Jürgen Wunderlich (Dozent - Verdimitglied und Aktion Butterbrot – Hamburg)
7. Miriam Hermann (Dozentin - Aktion Butterbrot - Bayern/München)
8. Reza Karimitari (Dozent - Aktion Butterbrot - Bayern/München)

Von Seiten des Bundesinnenministeriums:
1. Peter Altmaier (Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Inneren
2. Dr. Christoph Hauschild (Referatsleiter für Grundsatzfragen der Integration und Ministerialrat)


Da der Termin im Ministerium für 14.30 Uhr angesetzt war, hatten wir am Vormittag genügend Zeit uns sehr gut auf das Treffen vorzubereiten.
Dazu stand uns im Ver.di Haus ein Raum zur Verfügung, in dem wir von 9.30 Uhr bis 13.30 Uhr unser Treffen auch mit den KollegInnen der anderen Städte (s.o.), die wir zum Teil ja noch gar nicht kannten, koordinieren konnten.
Dank der guten und strukturierten Zusammenarbeit aller Beteiligten, konnten wir uns mit einem sehr genauen, gut durchdachten Plan und sehr gut vorbereitet auf den Weg machen.

Vor Ort gab Herr Altmaier uns das Wort, so dass wir alles wie geplant vorbringen konnten:

I. Einleitung von Miriam

Sie erklärte,
  • wer wir sind,
  • welche Instanzen wir seit Januar 2005 abgeklappert haben,
  • warum wir unbedingt mit Herrn Innenminister bzw. seinen Vertretern, als letzter, übergeordneter Instanz, sprechen wollten,
  • wie sich die Lage der Integrationskurse, die Arbeitsbedingungen und die finanzielle Situation der Lehrkräfte seit Inkrafttreten des neuen Zuwanderungsgesetzes verschlechtert haben,
  • welche Konsequenzen die sehr knappe Finanzierung der Integrationskurse für uns und für unsere Kursteilnehmer haben,
  • welche Auswirkungen diese kurzsichtige Integrationspolitik auf die Qualität der Integrationsarbeit und die Betroffenen haben.

II. Alltagsbilder der Lehrkräfte anhand von drei Beispielen

Ernst Olbrich, Stefanie Engel und Reza Karimitari haben kurz ihren Alltag als Lehrkräfte in Integrationskursen geschildert.
Sie haben die wichtigsten Gründe genannt, warum immer mehr qualifizierte und erfahrene DozentInnen abwandern.
Wir machten nachdrücklich darauf aufmerksam, dass der Erhalt der Qualität enorm gefährdet ist.

III. Diskussion:

In unseren Kurzbeiträgen kritisierten wir u.a. die Diskrepanz zwischen den Lippenbekenntnissen der Politiker

"Die Integration der ausländischen Mitbürger ist eine unserer wichtigsten Aufgaben und Ziele"

bei gleichzeitigem konsequenten Ignorieren unserer unzähligen, Briefe und Gespräche mit den zuständigen Personen und Ämtern, in denen wir immer wieder und mit Nachdruck auf die Missstände aufmerksam gemacht haben (unzureichende Unterrichtsstunden, miserable Finanzierung, Abwanderung qualifizierter DozentInnen etc.), in denen wir immer wieder auf die Wichtigkeit von Qualitätssicherung hingewiesen haben.

Herr Peter Altmaier zeigte Verständnis und räumte ein, dass die Umsetzung des neuen Konzeptes nicht so gelungen sei, wie die Verantwortlichen sich das vorgestellt hatten, und dass die Lehrkräfte außen vor gelassen und das „Verhandeln“ ihres Honorars allein den Trägern überlassen worden ist.

Er wollte uns aber keine konkreten Änderungen in Aussicht stellen und bezog sich immer wieder auf die noch laufende Evaluation und ihre noch ausstehenden Ergebnisse, sowie auf den Hinweis der allgemeinen sich verschlechternden Situation der arbeitenden Bevölkerung dieses Landes.
Als Beispiel nannte er die Situation der Reinigungskräfte und Chauffeure der Bundesregierung, die in Bonn alle noch fest angestellt waren und nun nur noch frei beschäftigt würden (und somit in der Sommerpause auch mit Verdienstausfall zu kämpfen hätten).

Die Evaluation soll bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein und erst dann wird über die notwendigen Änderungen und Korrekturen beraten werden.

Es wird höchstwahrscheinlich auch ein Mindesthonorar geben, das aber nicht höher als 18 Euro betragen dürfte.
Auf unseren Einwand, dass es ein Hohn sei, unsere hochqualifizierte Arbeit so abwertend zu honorieren, lächelte Herr Hauschild zynisch und hielt eine lange, belehrende Rede über die Wichtigkeit der Konkurrenz.
Zynisch kam hier auch der Vorschlag, doch selbst einen Träger aufzumachen um unser Honorar selbst bestimmen zu können oder der schlaue Hinweis „ .. es gehören immer zwei dazu. Solange es Leute gibt, die bereit sind für 10 Euro zu unterrichten … .“

Herr Hauschild rechnete mit mathematischer Genauigkeit vor: Bei einem Kurs mit 15 Teilnehmern und 2.05 Euro pro Teilnehmer und Unterrichtseinheit blieben doch immerhin gut 30 Euro - das sei als potentielles Honorar doch gar nicht so schlecht. Auf unseren Hinweis auf Miete, Verwaltungskosten etc. kam nur ein Lächeln.

Eine neue Erkenntnis konnte Herr Altmaier an dieser Stelle doch erleben als er einsah, dass der Lebensunterhalt und auch die Miete der Träger in Ballungsgebieten und Großstädten, wesentlich höher sind als in den kleineren Orten oder im Osten und er fragte an dieser Stelle ungläubig seinen Kollegen Hauschild, ob da denn niemand daran gedacht hätte und ob es wirklich so sei, dass alle die gleichen 2.05 € bekämen und dass das ja wohl eine Ungerechtigkeit sei über die man ernsthaft nachdenken müsse.
Da sollte unterschiedliche Finanzierung zugelassen werden, meinte er.

III. Forderungen:

Zum Schluss stellte Miriam unsere konkreten Forderungen (siehe Resolutionen von Berg und Frankfurt!) vor.

Zum Nachlesen und Weiterleiten an Herrn Schäuble übergaben wir Herrn Peter Altmaier eine Mappe mit folgendem Inhalt:
  • Brief von der Aktion Butterbrot an Herrn Schäuble vom 03.04.2006.
  • Brief von Stephanie Odenwald an Herrn Albert Schmid vom 22.September 2005 mit den persönlichen Beispielen und Berechnungen betroffener Lehrkräfte.
  • Die Resolutionen von Berg und Frankfurt.
  • "Über Integrierer, Integrierte und zu Integrierende" (von Johannes Gaab); (Artikel von Johannes Gaab, erschienen in der Mai-Ausgabe der DDS Bayern).
  • Zwei aktuelle Artikel aus dem DaF-PORTAL zum Thema Integrationskurse.

IV. Wie wir verblieben sind

Herr Altmaier bedankte sich für unseren Besuch und versicherte, dass „Aktion Butterbrot“ im Ministerium bekannt, anerkannt und respektiert ist, dass wir nachhaltig Eindruck hinterlassen.

Wir forderten und bekamen seine Zusage, mit uns in Kontakt zu bleiben.

Er würde mit seinen Mitarbeitern und Ausschüssen auch über uns, Lehrkräfte in den Integrationskursen, sprechen.

Endgültigen Entscheidungen werden erst nach Bekanntgabe der Ergebnisse der Evaluation getroffen.

Wir sollen Anfang Dezember Herrn Altmaier anrufen um den aktuellen Stand der Verbesserungspläne und gedachten Veränderungen zu erfragen.

Auf jeden Fall haben wir Eindruck gemacht und wurden als Vertreter der Interessen aller DozentInnen anerkannt und respektiert.

Wir verließen das Innenministerium mit gemischten Gefühlen und waren uns darüber einig, dass wir noch einen langen, steinigen Weg vor uns haben bis zum Ziel. Um das Ziel schneller erreichen zu können ist es von großer Wichtigkeit, dass wir noch mehr werden und noch mehr – bundesweite – Mitstreiter mobilisieren.

Unser Gefühl war auch sehr ähnlich wie nach jedem unserer Besuche und Gespräche im BAMF: Verständnis für unsere Misere ist durchaus vorhanden, allein es fehlt der Wille daran auch etwas ändern zu wollen.

Beim BAMF konnte man uns an die Zuständigkeit des BMI verweisen, im BMI wies man uns auf die allgemeine wirtschaftliche Situation in unserem Lande hin und belehrte uns, dass das letzte Wort ohnehin aus dem Munde des Finanzministers kommt.

Mit solidarischen Grüßen,
Reza und Miriam
Aktion Butterbrot

Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.07.2006