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Honorare in der Weiterbildung

Die Honorartabelle bei mediafon, dem ver.di-Beratungsservice für Selbstständige, enthält inzwischen über 600 Einträge aus unterschiedlichen Bereichen der Aus- und Weiterbildung.

Seit 2008 wertet Netzwerk-Weiterbildung die dort eingetragenen Honorare aus. Die Ergebnisse zeigen die Entwicklung der gezahlten Honorare in der gesamten Weiterbildung. Natürlich sind die Ergebnisse nicht repräsentativ. Jede/r kann, niemand muss ein Honorar eingeben.

Die wachsende Anzahl von eingegebenen Honoraren lässt dennoch allgemeine Aussagen über den Markt zu. So befinden sich wie in den Vorjahren die meisten Honorare im Bereich bis 20 Euro/Unterrichtseinheit (UE). Für den Zeitraum 2010/2011 waren es 183 von 286 Honoraren, das entspricht 64 % der Honorare. Auf über 25 Euro je Unterrichtseinheit entfielen dagegen lediglich 56 oder 19,6 % der Honorare.


Verteilung der Honorare in Euro/Unterrichtseinheit



Für einige Träger lagen mehrere unterschiedliche Honorarsätze vor, die jeweils als eigenständiger Honorarsatz in die Auswertung eingeflossen sind. Um eine Vergleichbarkeit der Daten zu ermöglichen, wurden alle Angaben auf einer einheitlichen Vergütungsbasis von 45 Unterrichtsminuten je Unterrichtseinheit (UE) ausgewiesen. Davon abweichende Angaben wurden entsprechend umgerechnet.

In die Untersuchung einbezogen wurden 133 Honorarsätze für 2008, 121 Honorarsätze für 2009, 186 Honorarsätze für 2010 und 100 Honorarsätze für 2011 (Angaben wurden bis einschl. 22. 06. 2010 erfasst).

Die Honorarsätze verteilen sich nach der Honorarhöhewie folgt:



Die gezahlten Honorarsätze zeigen, dass die Auftraggeber davon ausgehen, ihre Honorarkräfte würden ihre Arbeit lediglich nebenberuflich ausüben. Dann wären 20 oder 25 Euro je Unterrichtseinheit ein nettes Nebenentgelt. Doch davon leben und erst recht seinen Sozialversicherungspflichten nachkommen lässt es sich nicht. Wenn der/die Honorarkraft von dem Honorar seinen gesamten Lebensunterhalt bestreiten muss, reichen solche Honorare nicht aus.

Als absolute Untergrenze sollte dabei gelten: Das Honorar muss den Aufbau einer Altersvorsorge ermöglichen, die armutssicher ausgestaltet ist. Um im Alter nicht unter die Sozialhilfe zu fallen (die sogenannte „Grundsicherung im Alter“), muss das Honorar auf alle Fälle oberhalb von 20 Euro/UE liegen. Knapp 2/3 oder 183 Honorare erfüllen diese Bedingung im Zeitraum 2010/2011 nicht. Das waren relativ weniger, als im Zeitraum 2008/2009, da waren es knapp 70 %. Doch die Zahl bleibt erschreckend hoch. Viele Auftraggeber missachten offensichtlich ihre sozialen Verpflichtungen gegenüber ihren Honorarkräften.


Entwicklung der durchschnittlichen Honorarhöhe in einzelnen Bildungsbereichen



Öffentlich geförderte Weiterbildung

Wie in der letzten Auswertung werden DozentInnen besonders schlecht in öffentlich geförderten Bildungsbereichen bezahlt. Das betrifft die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) geförderten Bereiche der Beruflichen Bildung und Bewerbertraining, und die über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanzierten Kurse für Deutsch als Fremdsprache (DaF) und Integrationskurse.

Die durchschnittlichen Honorarsätze bewegen sich hier zwischen 15,07 Euro/UE bei Bewerbungstrainingsmaßnahmen und 18,13 Euro/UE bei Maßnahmen der Beruflichen Weiterbildung durch die BA.

Die durchschnittlichen Honorare bei DaF und in Integrationskursen sind gegenüber dem letzten Auswertung leicht angestiegen. Sie liegen aber weiterhin deutlich unter der Marke von 20 Euro/UE.

Marktsegement Fremdsprachen

Die durchschnittlichen Honorarsätze für fremdsprachlichen Unterricht pendeln um den Bereich von 20 Euro/UE. Hier hat sich in den letzten Jahren offensichtlich ein neuer Markt im Bereich der Hochschulen entwickelt. An vielen Universitäten werden Deutschkurse für ausländische Studierende angeboten. So wirbt ein Spracheninstitut damit, dass alle DozentInnen über eine abgeschlossene Hochschulausbildung verfügen, muttersprachliche Kompetenz aufweisen und auf den Unterricht Deutsch als Fremdsprache spezialisiert seien. Dafür zahlen Sie ein Honorar von 18,50 Euro/UE. Und wenn die Universitäten den Unterricht selbst erteilen, ist kaum mehr drin. So zahlt z. B. die Universität Oldenburg einen Stundensatz von 20,45 Euro.

Hochschulen

Doch selbst im normalen Betrieb werden DozentInnen an Hochschulen inzwischen schlecht bezahlt. Im Durchschnitt sind es noch 25,94 Euro. Im Osten der Republik kann der Stundensatz aber schon mal unter 20 Euro/UE fallen. Im Rahmen der wissensschaftlichen Ausbildung sind das skandalöse Honorare!

Berufliche Weiterbildung

Lediglich die privat oder von Unternehmen finanzierte Berufliche Weiterbildung bietet häufig angemessene Honorarsätze. Im Bereich der EDV werden insbesondere im Bereich der Mediengestaltung und bei Programiersprachen häufig Honorare von über 25 Euro/UE erzielt. Mit durchschnittlich 42,93 Euro/UE werden in der betrieblich finanzierten Weiterbildung die höchsten Honorare überhaupt bezahlt.


Honorarspreizung in verschiedenen Bildungsbereichen

Die Spreizung der Honorarsätze ist den verschiedenen Bildungsbereichen sehr unterschiedlich ausgeprägt.



Wie bei der letzten Auswertung haben wir die privat finanzierte beruliche Weiterbildung nicht in die Grafik aufgenommen, da die Spreizung der Honorarsätze zu groß ist. Sie reicht von 15 Euro/UE bis zu 217 Euro/UE. Der Mittelwert beträgt 42,93 Euro/UE. Die sehr hohen Honorare werden im Bereich des Management oder etwa im Verkaufstraining erzielt. Hier sind Tagessätze von ca. 1.500 Euro zu erreichen.

Armutshonorare in der Weiterbildung

Bei den Fremdsprachen mit 6,25 Euro/UE und bei der durch die BA geförderten beruflichen Weiterbildung mit 9 Euro/UE liegen die niedrigsten Honorare unter der Schwelle von 10 Euro/UE. Bei den Fremdsprachen betrifft dieser Bereich offensichtlich Anbieter, die Angebote für ausländische Studierende anbieten, die privat finanziert sind. Bei der BA geförderten Weiterbildung betrifft das Angebote zum Erwerb eines Gabelstaplerführerscheins.

Unterricht im Bereich des Bewerbungstrainings und in Integrationskursen werden im schlechtesten Fall mit 10 Euro/UE bezahlt. Die höchsten gemeldeten Honorare liegen hier gerade mal bei 20,54 Euro/UE bei Bewerbungstraining und 21,90 Euro/UE in Integrationskursen. Wer hier arbeitet und davon leben muss, ist mit Sicherheit auf aufstockende Leistungen im Rahmen des SGB II angewiesen. Erst werden die Preise durch öffentliche Ausschreibungen der Aufträge durch die BA in den Keller gedrückt, dann zahlen die Bildungsträger miserable Honorarsätze und am Ende beklagt sich Franz Alt von der BA darüber, dass deren Geschäftsmodell nicht funktionieren würde, weil sie als Selbstständige zu Aufstockern von Hartz IV geworden seien. Was die BA auf der einen Seite gespart hat, muss sie auf der anderen Seite in Form von Sozialleistungen wieder rausrücken. Helfen kann hier nur eine sozialpolitisch verantwortliche Preispolitik der BA.

Im Bereich Deutsch als Fremdsprache hat sich die Lage nicht wirklich verbessert. Die Honorarsätze schwanken zwischen 12 und 25 Euro/UE. Über 20 Euro/UE liegen von den 23 gemeldeten Honoraren lediglich 4. Davon schaffen es zwei auf 20,50 Euro/UE, einer beträgt 22,50 Euro/UE und einer 25 Euro/UE. Wer einen Bildungsträger findet, der über 20 Euro/UE zahlt, hat wohl Glück gehabt. Auch hier drückt sich der Bund um eine ordentliche Entlohnung der Beschäftigten, die letztlich in seinem Auftrag Kurse abhalten.

Honorare über 30 Euro/UE

In 5 Bereichen überspringen die höchsten gezahlten Honorare den Bereich von 30 Euro/UE. In diesen Bereichen sind die Spannen der gezahlten Honorare auch besonders hoch.

Im Bereich der von der BA geförderten beruflichen Weiterbildung lassen sich gegenwärtig in einigen Marktsegmenten Honorare von 25 Euro und mehr erzielen. Von den 52 gemeldeten Honoraren waren das 6 oder 11,5 % (4 mal 25 Euro/UE, je einmal 35 Euro/UE und 37,50 Euro/UE). Der höchste Wert betraf den Bereich Coaching und Gesundheitswesen. Der andere besonders hohe Wert betrifft einen Bildungsträger, der insbesondere Kurse aus dem Bereich WeGebAU anbietet.

Besonders hohe Honorare im Bereich der Fremdsprachen lassen sich erzielen, wenn sie im Rahmen von Firmenschulungen stattfinden. So zahlen IHK’s und Unternehmen Honorare an der Grenze von 30 /Euro je Unterrichtseinheit. Volkshochschulen liegen in diesem Bereich alle unter 20 Euro/UE (von 16 Euro/UE in St. Ingbert bis 19,70 in Düsseldorf).

Im Bereich der sonstigen Angebote enden die Honorare üblicherweise bei maximal 25 Euro/UE. Die extreme Spreizung ist drei Nennungen geschuldet. So wurden für die Familienbildungsstätte Ibbenbüren 40 Euro/UE, die Katholische Familienbildungsstätte in Osnabrück 45 Euro/UE und für die Ländliche Erwachsenenbildung in Niedersachsen ebenfalls 45 Euro/UE gemeldet.

Die besonders hohen Honorare im Bereich der EDV (über 50 Euro/UE) gelten für Tagesveranstaltungen im Bereich von Programmiersprachen wie Java. Die allgemeine „Schallgrenze“ für anwendungsbezogenen Unterricht liegt etwa bei 30 – 35 Euro/UE. Volkshochschulen zahlen in diesem Bereich üblicherweise 20 Euro/UE. Doch selbst hier kann man Schwarze Schafe antreffen. Ein Stundensatz von 10,39 Euro/UE für Word-Grundlagen oder 15 Euro/UE für EDV-Anwendungen in kaufmännischen Berufen können nicht als angemessene Bezahlung angesehen werden.

Dunkelschwarze Schafe

Einen Bereich haben wir nicht aufgenommen, da die Zahl der Nennungen zu gering war. Er ist die Schülernachhilfe. Hier gab es insgesamt 6 Nennungen von 2009 – 2011. Das durchschnittliche Honorar beträgt hier 9,62 /UE. Die Spanne reicht von 7 Euro/UE bis 12,50 Euro/UE. Da zahlen Eltern „weniger als 9 Euro/Unterrichtsstunde“, so die Werbung im Internet und der/die Dozent/in erhält gerade mal 7 Euro/UE. Bildung wird hier vollständig zur Ware, an denen offensichtlich geschäftstüchtige Inhaber gut verdienen. Und das ganze natürlich „TÜV zertifiziert“. Das sind keine schwarzen, das sind die dunkelschwarzen Schafe der Bildungswirtschaft.


Unterstützen Sie die Honorartabelle bei mediafon

Bereits jetzt ermöglichen die bei mediafon eingestellten Honorarsätze einen guten Überblick über Entwicklung und Struktur der Honorare in unterschiedlichen Bildungsbereichen. Je mehr KollegInnen bereit sind, Honorare bei mediafon einzustellen, desto größer wird die Transparenz auf dem Markt für Bildungsdienstleistungen. Damit steigen auch unsere Möglichkeiten, Druck zu erzeugen für höhere und auskömmliche Honorare in der Aus- und Weiterbildung.

Machen Sie mit. Tragen Sie ihnen bekannte Honorare bei mediafon ein.


Peter Schulz-Oberschelp
Netzwerk-Weiterbildung


Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Honorar, Freiberufler/Selbstständige
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 07.07.2011

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 28.03.2024